Neue Bertelsmann-Studie zur Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem

Am 11.03. veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung ihren ersten „Chancenspiegel“. Für diese Studie hat die Stiftung in Kooperation mit dem Institut für Schulentwicklungsforschung an der Technischen Universität Dortmund die Chancengerechtigkeit der Schulsysteme jedes einzelnen Bundeslandes in Deutschland untersuchen lassen. In vier Bereichen, die als entscheidend für die Chancengerechtigkeit und Leistungsfähigkeit der deutschen Schulsysteme angesehen werden, legen Daten basierend auf amtlichen Statistiken bis September 2011 die Fakten zum Thema offen.
Der Bereich „Integrationskraft“ fokussiert auf die Chancen von Kindern mit Behinderungen, in Regelschulen (statt in Förderschulen) zu gehen und auf das Angebot an Ganztagsschulen. Zusammenfassend heißt es: „Die deutschen Schulsysteme integrieren Schüler zu wenig bezogen auf die Teilnahme am Regelschulsystem und an Ganztagsschulen.“
Im Fall der "Durchlässigkeit" geht es um die Aufstiegschancen von sozial benachteiligten Kindern im Schulsystem und inwieweit Schüler mit keinem oder niedrigem Abschluss Chancen auf einen Anschluss an das duale Ausbildungssystem besitzen. Zusammenfassendes Ergebnis: „Schulsysteme in Deutschland sind nach oben zu wenig durchlässig.“ In der Kategorie „Kompetenzförderung“ wurde die Chance von Kindern auf Entfaltung ihrer Lesekompetenz betrachtet. Zusammenfassendes Ergebnis: „Die deutschen Schulsysteme bieten Kindern und Jugendlichen sehr unterschiedliche Chancen, ihre Kompetenzen zu entwickeln.“
Mit der Dimension „Zertifikatsvergabe“ werden Fakten zu den erworbenen Schulabschlüssen vorgestellt. In der Zusammenfassung der Ergebnisse heißt es: „Die Chancen, Abitur zu machen, und das Risiko, die Schule abzubrechen, sind in Deutschland sehr unterschiedlich ausgeprägt.“

Die neue Studie der Bertelsmann-Stiftung bringt keine fundamental neuen Erkenntnisse zutage, die nicht schon seit dem Erscheinen der ersten Pisa-Studie 2001 bekannt sind. Kinder aus bildungsfernen Familien haben schlechtere Bildungschancen als ihre Mitschüler, und Kinder mit Behinderungen werden weiterhin benachteiligt. Nur eben nicht überall gleich in Deutschland. So ist beispielsweise Niedersachsen bei der „Inklusion“ von Schülern mit Behinderungen weit vorne, der Osten Deutschlands dabei hingegen weit hinten. Diese Erkenntnis zieht sich durch alle vier untersuchten Dimensionen. Kein Bundesland belegt bei allen Dimensionen Spitzenpositionen, aber auch keines weist überall die schlechtesten Ergebnisse auf. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern sind jedoch enorm.

Die neuen „alten“ Ergebnisse des ersten „Chancenspiegels“, dem weitere folgen sollen, dient wohl vor allem als Appell an die Bildungspolitiker dieses Landes, die langsame Geschwindigkeit der dringend erforderlichen Veränderungen zu erhöhen und voneinander zu lernen.
Ausführliche Informationen zur Studie können auf der Webseite www.chancen-spiegel.de eingesehen werden.