Dyskalkulie: Rechenschwäche oder Arithmasthenie

Dyskalkulie, auch Rechenschwäche oder Arithmasthenie genannt, ist die verzögerte Verständnisfähigkeit im Bereich der arithmetischen Mathematik. Von der Schwäche, Regeln des Zahlensystems nicht zu verstehen, sind neben Kindern und Jugendlichen auch Erwachsene betroffen. In Zahlen ausgedrückt sind dies etwa 5 bis 7 Prozent der Weltbevölkerung und nach aktuellen Erhebungen der Berliner Charité 6,6 Prozent der Schüler in deutschen Grundschulen. Dyskalkulie hat nicht etwa etwas mit der Faulheit oder Unkonzentriertheit der Betroffenen zu tun - oftmals sind es hochbegabte Menschen mit einem überdurchschnittlichen IQ-Wert, die an einer Rechenschwäche leiden. In anderen schulischen Bereichen außer der Mathematik erbringen sie meistens gute Leistungen, weshalb mit den Problemen im mathematischen Bereich eigentlich gar nicht gerechnet wird. Die Betroffene machen systematisch Fehler, beruhend auf begrifflichen Verinnerlichungsschwierigkeiten, denn in ihrer subjektiven Logik erscheint alles als richtig. Ein grundsätzliches Merkmal ist die fehlende mathematische Basis, weshalb darauf Aufbauendes nicht verstanden werden kann und daher Üben nicht zweckdienlich ist. Es gleicht eher eine Tortur für die betroffenen Kinder und Jugendlichen, die bei falsch verstandener Hilfe zum exzessiven Üben gezwungen werden, und die durch ausbleibende Lernerfolge zusätzlich gestraft sind.

Die grundsätzlich fehlende mathematische Basis zeigt sich bei der Dyskalkulie vor allem in drei Bereichen: dem Nominalismus, dem Mechanismus und dem Konkretismus. Unter Nominalismus ist die mangelnde kognitive Verinnerlichung des Erlernten zu verstehen. Zwar werden die Zahlenreihenfolge und die Zahlennamen der Zahlen auswendig gelernt, jedoch fehlen diesen Begrifflichkeiten die zugehörigen Quantitäten, sodass z.B. immer mit den Fingern abgezählt werden muss. Unter Mechanismus versteht man die schablonenhafte Anwendung von Rechentechniken, ohne deren Sinn wirklich tiefergehend verstanden zu haben. So gibt es bei der kleinsten Abweichung einer Beispielaufgabe Schwierigkeiten oder es werden offensichtliche, sich logisch ausschließende Rechenoperation ausgeführt. Konkretismus zuletzt bezeichnet, dass die Betroffenen sich nicht vom Veranschauungsmaterial lösen können und es für das eigentliche Rechnen halten – es fehlt ein Abstraktionsverständnis. Alle drei Merkmale sind nicht getrennt voneinander zu betrachten, sondern ergänzen sich und bilden so die Problematik Dyskalkulie.

Eine Diagnose soll bei einer vermuteten Rechenschwäche daher nicht einfach nachweisen, dass diese vorliegt, sondern ist ihr Ziel vielmehr, ein individuelles Rechenschwächeprofil des Patienten zu erstellen, um mithilfe einer anschließenden gezielten und fundierten Dsykalkulietherapie die festgestellten Schwierigkeiten erfolgreich zu behandeln. Da die Rechenschwäche individuell unterschiedlich ausgeprägt ist, wird Betroffenen in einer durchschnittlich bis zwei Jahre dauernden Einzeltherapie (z. B. mithilfe der integrativen Lerntherapie) geholfen und an der Entwicklung eines konkreten Mengen- und Zahlenbegriffs als mathematische Basis gearbeitet.

Präventiv kann bereits in den ersten beiden Schuljahren einer drohenden Dyskalkulie entgegengewirkt werden, da in diesem Alter die mathematisch-arithmetischen Grundlagen gelernt werden. Es bieten sich daher zwei lernbegleitende Maßnahmen an: Zum einen eine mögliche Präventionsdiagnose und bei Feststellung einer Rechenschwäche der Einsatz einer lerntherapeutischen Frühbegleitung.